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Einst galt Virtual Reality (VR) als Welt für Gamer und Nerds. Mit VR-Brillen kann man tiefer als bisher in Spielewelten eintauchen und sich für Umstehende zum Deppen machen, wie zahlreiche Internet-Videos über die Jahre bewiesen haben. Inzwischen hat es VR bereits bis in die Haushalte geschafft, aber der gesamte Bereich hat sich erheblich weiterentwickelt, über die Assisted Reality bis hin zur Augmented Reality (erweiterte Realität). Und diese bietet vor allem auch für die Industrie zahlreiche Möglichkeiten.
Von Googles Flop zum Einsatz in der Industrie
2012 brachte Google seine Datenbrille Google Glass als Endverbraucherprodukt auf den Markt und landete einen Flop. Vom Cyborg-Look, den die Träger der Brillen für manche hatten, über die Verunglimpfung „Glasshole“ mit dem Vorwurf, man würde heimlich seine Umgebung filmen, wollte kaum jemand die Brille aufsetzen. Entsprechend kurz war der Hype. Doch was Google Glass so interessant machte, war die Fähigkeit, mit der integrierten Digitalkamera aufgenommene Rohdaten situationsabhängig mit Informationen aus dem Internet zu verbinden und so die Realität zu „erweitern“. So lief die Entwicklung auf die „Augmented Reality“ (AR) – im Grunde eine Weiterentwicklung der Assisted Reality – hinaus. Das Prinzip dahinter lässt sich gut mit der Smartphone-App Pokémon GO vergleichen. Auf Grundlage der Positionsdaten des Geräts und des aktuellen Kamerabildes produziert die App auf dem Display in Echtzeit ein Abbild der Umgebung. Die sogenannte AR-Brille fügt den aus der Umgebung aufgenommenen Daten dann weitere sichtbare Informationen zu – vergleichbar mit den Spielfiguren, die bei Pokémon GO eingeblendet werden. Dieser Aspekt ist besonders für den professionellen Einsatz in der Industrie interessant. Zum Beispiel: Bei einer Reparatur kann man sich Informationen zu Ersatzteilen und deren Verfügbarkeit in das Blickfeld einblenden lassen. Diese Datenbrillen sind entweder monokular oder binokular aufgebaut, zeigen demnach Informationen entweder im Sichtfeld eines oder beider Augen an. Komplexere Visualisierungen und dreidimensionale holografische Abbildungen erfordern binokulare Ausführungen.
Inzwischen setzt Google Glass mit der Enterprise Edition (EE) auf Enterprise-Kunden. Der Technik-Riese hat die Datenbrille sowohl technisch als auch vom Design her wesentlich überarbeitet. Die Kameraauflösung fällt höher aus und ein neuer Prozessor soll die aufgenommenen Daten schneller verarbeiten. Auf die Vorwürfe einer möglichen Verletzung der Privatsphäre sowie Spionage hat Google reagiert, sodass die EE-Version auch ohne Google-Account nutzbar ist. Außerdem sieht man an einer rot leuchtenden LED, wenn die Aufnahmefunktion aktiv ist.
VR-Brillen befinden sich hingegen bereits wieder auf dem absteigenden Ast. Sie bieten zu wenige Inhalte, die Bedienung ist schwerfällig und sie erzeugen bei zu vielen Anwendern Motion Sickness (sie werden „seekrank“; das Betrachten bewegter Inhalte erzeugt bei ihnen Übelkeit oder Schwindel) oder andere Beschwerden. Sie sind bisher ungeeignet für den produktiven Einsatz, sind jedoch beispielsweise überall dort interessant, wo es um die virtuelle Präsentation bestimmter Lösungen geht.
Wo kommen AR-Brillen für Unternehmen zum Einsatz?
Da die Google Glass Enterprise Edition nicht mehr viel mit ihrem Vorgänger gemein hast, findet sie bei mehreren Herstellern im produktiven Einsatz Verwendung – laut Google unter anderem bei General Electric, Volkswagen und Boeing. Die Batterielaufzeit der AR-Brille beläuft sich nach Aussage von Google auf jetzt mehr als acht Stunden und sie wird über Sprachbefehle gesteuert, sodass die weitere Bedienung von Knöpfen wegfällt. Die AR-Brille für Unternehmen überträgt ebenfalls Informationen über die fest integrierten In-Ear-Kopfhörer.
Mittlerweile finden sich AR-Brillen in zahlreichen Einsatzbereichen wieder, bei denen immer die unkomplizierte und anschauliche Vermittlung von Zusatzinformationen im Mittelpunkt steht:
Kfz-Bereich – Der schwedische Autohersteller Volvo nutzt die Microsoft HoloLens im Marketing. Im Werk in Göteborg können Kunden virtuell ihren eigenen Pkw entwerfen und im Anschluss die Fahreigenschaften in der virtuellen Realität testen. Der Traktorhersteller Caterpillar ermöglicht es seinen Kunden, Traktoren bereits vorab mit Datenbrillen zu begutachten. Zahlreiche weitere Autohersteller und Konstruktionsbetriebe integrieren die Microsoft HoloLens in ihre Arbeitsabläufe, meist in der Entwicklungsabteilung.
Gesundheitswesen – Auch in die Medizin hat die Virtuelle Realität schon Einzug erhalten: Das Royal London Hospital nutzt AR-Brillen bei Operationen. Dabei sind Chirurgen aus anderen Ländern virtuell anwesend und stehen dem operierenden Arzt mit Ratschlägen zur Seite.
Brückeninspektion – Die Universität Cambridge hat einen Test gestartet, bei dem die Microsoft HoloLens zur Inspektion von Brücken eingesetzt wird. Sie ermöglicht den Prüfern, die Brücke virtuell zu begehen und zu inspizieren.
Kundendienst – Einige Unternehmen nutzen Datenbrillen für Wartungsarbeiten. Mit deren Hilfe können sie Geräte, die über das Internet of things (Internet der Dinge) verbunden sind, virtuell überprüfen und warten.
Mitarbeiterschulung und Wissensvermittlung – Auch zur Schulung von Mitarbeitern eignen sich AR-Brillen. Im technischen Bereich können die Lernenden zum Beispiel an virtuellen Modellen arbeiten, ohne durch einen falschen Handgriff Schaden zu verursachen.
Kommunikation über eine AR-Brille kann ähnlich effektiv sein wie ein persönliches Gespräch. Das geht aus einer Studie aus dem Jahr 2018 hervor, die das Institut für Psychologie der Universität Greifswald im Rahmen des Frühjahreskongresses 2018 der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft in Frankfurt am Main vorgestellt hat. Im Fokus der Untersuchung standen die Kompetenzentwicklung sowie die unmittelbare Wissensvermittlung mit Datenbrillen auch über Distanzen.